Digitale Medien Augenbelastung bei Kindern
Wie wir unsere Kinder schützen und stärken können
Zwei Sichtweisen auf das Internet
Einerseits wird das Internet als unaufhaltsame Invasion gesehen, die unsere Gedanken und Gefühlswelt zerstört. Andererseits ist das Internet etwas Allgegenwärtiges, so transparent und selbstverständlich wie die Atemluft. Fast alle Erwachsene und Kinder besitzen ein Smartphone, ganz unabhängig von der sozialen Schicht. Im Schnitt schaltet ein Smartphone Besitzer sein Handy 88 mal am Tag Handy ein, 35 mal, um nach Uhrzeit oder Nachricht zu schauen, 53 mal, um Nachricht schreiben, App nutzen, surfen. Insgesamt verbringen wir 2-3 Stunden am Tag am Handy und davon nur 7 Minuten mit telefonieren.
Medien und Erziehung
Kinder spielen früher und länger am Handy, dabei stellt sich die Frage, wie Eltern mit dem Medienkonsum der Kleinen umgehen sollten. Eltern sind besorgt und beunruhigt, sie fühlen sich ohnmächtig und hilflos Eltern stellen sich Fragen wie: Ab wann sollen Kinder ein Handy haben? Wie viel Medienzeit erlaube ich meinem Kind in welchem Alter?
Medien an sich sind nicht gut oder schlecht
Es kommt darauf an wie unsere Kinder die Medien nutzen. Die persönliche Haltung zu den Medien ist wichtig. Die Frage ist auch, welche Bedeutung Eltern den Medien geben. Wie nutzen sie selbst die Medien? Achten sie selbst auf einen maßvollen Gebrauch? Gibt es Rituale und handyfreie Zonen oder nutzen sie die Medien auch beim Essen oder während einer Unterhaltung?
Fachleute sagen, dass eine Computerspielnutzung von mehr als 2,6 Std. am Tag ist suchtgefährdend ist. 61% aller Befragten Kinder spielen Computerspiele.1,6 % spielen sucht-artig. Jungen sind mehr gefährdet als Mädchen. 8,4 % der Jungen sind Computerspielabhängig, dagegen nur 2,9% der Mädchen.
Warum spielen Kinder und Jugendliche am Computer der Smartphone?
Laut dem Institut für Medienforschung nutzen Kinder und Jugendliche den Computer oder das Smartphone oft als Füllmedium, um leere Zeiten und Langeweile zu überbrücken. Außerdem eignen sich Computerspiele gut dafür, sich von unangenehmen Gefühle abzulenken und gute Gefühle zu erzeugen. So helfen Computerspiele dabei, sich von Frust abzulenken, wenn man sich z.B mit Schulkameraden gestritten hat, ein Fußballspiel verloren oder schlechte Schulnoten bekommen hat. Viele Spiele am Computer unterstützen zudem ein positives „Flow Gefühl“. Man kämpft in Teams gegeneinander und fließt von einer Herausforderung zur nächsten. Dies stärkt das innere Gefühl etwas geschafft zu haben und man möchte immer weiter kommen.
Welche Auswirkungen hat das Internet auf die visuelle Wahrnehmung von Augen und Gehirn?
„Wir sehen heute in einem Monat soviel wie vor hundert Jahren in einem ganzen Leben“
(Quelle: Kamper visuelle Wahrnehmung).
Wir wissen noch wenig darüber, inwieweit die Medien in frühen Jahren schädlich für das Gehirn und die Augen unserer Kinder sind. In China, Korea und Singapur sind 80% -100% der Schüler und Studenten kurzsichtig. Fachmenschen prognostizieren, dass die Kurzsichtigkeit auch in Europa enorm zunehmen wird.
Der Amerikanischer Wirbelsäulenchirurg Kenneth Hansraj warnt vor der Gefahr eines Handynacken, denn je mehr wir den Kopf neigen, desto mehr Gewicht muss die Wirbelsäule tragen.
Inwieweit kann die Sehentwicklung von Kindern über digitale Medien gehemmt werden?
Die Sehentwicklung von Kindern geschieht sehr intensiv im ersten Lebensjahr und erstreckt sich über einen Zeitraum von sieben Jahren. Dann braucht es weitere sieben Jahre bis sich das Sehen verfeinert hat. Die Sehentwicklung verläuft parallel zur motorischen Entwicklung und braucht viele Sinneserfahrungen.
Sehen und Bewegen entwickeln sich im Gleichklang
Neugeborene lernen die Motorik erst noch. Sie rollen von dem Rücken auf den Bauch, sie heben das Köpfchen erst an und können es immer besser oben halten. Dann beginnen sie mit 6-8 Monaten an zu robben und krabbeln. Mit der Zeit finden sie heraus, wie sie sich zum Stand hochziehen und beginnen die ersten Schritte zu laufen.
Während dieser Stationen der Bewegungsentwicklung, entwickelt sich auch das scharfe Sehen. Nach der Geburt können Kinder vorerst unscharf sehen. Durch visuelle Anregung wird die Neugierde und das Interesse geweckt. Bunte Farben und Mobiles ziehen den Blick des Säuglings auf sich. Bald nach der Geburt kann der Säugling schon einen Gegenstand fixieren und in den ersten Monaten können sich die Augen immer gleichmäßiger bewegen. Mit der Zeit können Dinge genauer und länger angeschaut werden. Die Augen und der Nacken sind das erste, was der Säugling zu beherrschen lernt.
Während Kinder zu Beginn noch unkoordiniert nach Gegenständen greifen, wird das Greifen mit der Zeit immer gezielter und gleichzeitig wird das Sehen schärfer. Beim Robben und Krabbeln macht das Kind Erfahrungen über den Raum, es kann z.B einem rollenden Ball nach krabbeln. Hierbei lernt es Entfernungen immer besser einzuschätzen und genau in dieser Zeit beginnt sich auch das räumliche Sehen zu entwickeln.
Ab dem Alter von zwei Jahren wird die Basis für Beidäugiges Sehen gelegt und die Augen arbeiten ab jetzt im Team zusammen. Die Fähigkeit der Augen, im Team und koordiniert etwas zu verfolgen und zu fokussieren ist eine wesentliche Voraussetzung für eine gute Lesefähigkeit in der Schule.
Die Auge-Körperkoordination und Hand-Auge-Koordination wird ebenfalls in dieser frühen Phase gelernt. Unter Führung der Augen werden die Bewegungen eingeleitet und beides gut aufeinander abgestimmt. Wenn ein Kind einen Schlüssel in ein Schlüsselloch steckt, ist das eine hochkomplexe Leistung einer Hand-Auge-Koordination und dies ist Voraussetzung für das spätere Schreiben.
Die Sehentwicklung dauert insgesamt sieben Lebensjahre und mit vierzehn Jahren haben sich alle visuellen Fähigkeiten so verfeinert, dass die Beidäugigkeit - das Zusammenspiel der Augen – vollkommen ausgebildet ist.
Kinder brauchen Bewegung, um sehen zu lernen
Was passiert allerdings, wenn Kinder sich nicht motorisch entwickeln können, wenn sie zu wenig oder auch zu viel visuelle Anregung bekommen?
Wenn Kinder im ersten Lebensjahr schon auf dem Handy oder Tablett herum wischen, kann die Bewegungs- und damit auch Sehentwicklung gehemmt werden.
Kinder brauchen den Boden, um Rollbewegungen zu machen, um sich auf dem Boden fort zu bewegen und dabei Erfahrungen über den Raum zu machen. Visuelle Anregungen, wie ein bunter rollender Ball, geben dem Kind den Impuls sich fort zu bewegen.
Im schlimmsten Fall sitzen die Kleinen im Kindersitz im Alter von 6 Monaten vor dem Fernsehen. Die Bilder im Fernehen fesseln die Kinder zwar, weil sie bunt sind und sich bewegen, aber sie können die Bilder noch nicht zuordnen und auswerten. Das Kind wird visuell überfordert, ehe es die Welt mit allen Sinnen erkundet hat. Kinder benutzen das gesamte Sinnessystem, um die Welt zu begreifen. Auch das Sehen ist eine Entwicklung, die alle Sinne miteinbezieht. Das Kind sieht einen Ball, lutscht ihn ab, spürt das Material des Balles und lernt ihn zu begreifen und dann irgendwann mit den Augen zu greifen. Das Sehen braucht Verknüpfungen und Verschaltungen im Gehirn.
Alle Erfahrungen, die ein Kind bis zur Einschulung macht, hinterlassen Verbindungen zwischen den Nervenzellen, den Synapsen. Das ist wie bei einem Pfad im Urwald. Je häufiger er begangen wird, desto breiter wird er. Gehen Kinder diesen Pfad nicht, dann passiert das, was wir in der Natur beobachten. Der Pfad wächst mit Unkraut zu und ist nicht mehr zu sehen.
Von daher sollten sich Kinder vorerst in einem digitalen Freiraum bewegen und entfalten können.
Vortrag: „Digitale Medien und Augenbelastung bei Kindern
Vom guten Umgang mit Smartphone & Co“
Referentin Judith Bolz
Der Vortrag beschäftigt sich mit den Thema, warum Kinder am Computer spielen und gibt Tipps und Hilfen im Umgang mit dem Medienkonsum.
Er zeigt auf, was Hirnforscher, wie Manfred Spitzer und Gerald Hüter bezüglich der Internetnutzung von Kindern raten und wie Kinder Selbstkontrolle über die Medien lernen können.
Er klärt auf, inwieweit zu viel Medienkonsum den Augen schaden kann und wie wir die Sehentwicklung von Kindern fördern können.
Ganz praxisnah werden einige Übungen für entspannte und bewegliche Augen angeleitet.
Inhalte und Lernziele:
- Kindern einen Gegenpol zur digitalen Welt bieten
- Regeneration und Förderung der Sinne und besonders des Sehsinnes
- Kinder aus dem Fokus und der Starre in Weitblick und Bewegung bringen
- Förderung der eigenen Bilderwelten versus digitaler Bilderwelten
- Mit Kindern ins Gespräch kommen